Die Kinder dabei zu unterstützen, Lust am Lernen zu entwickeln und diese auch zu bewahren, dies ist meine Motivation. Das Erleben der so vielfältigen Natur hilft uns dabei. Ich habe bemerkt, wie wenig es braucht, damit ein Kind zufrieden ist und etwas Neues entdeckt. Nötig sind neue Impulse in einem behüteten Rahmen. Und dann braucht es Zeit und Lust, dem Kind den Raum zu lassen, diesen neuen Impuls zu erforschen. Unser Bauernhof in Diemerswil bietet die unterschiedlichsten, neuen Impulse und ich möchte den Kindern diesen geschützten Rahmen bieten. Im Folgenden gehe ich auf die vier für mich und mein Handeln zentralen Leitmotive ein.
Lernen mit allen Sinnen
Seit meiner Primarschulzeit bin ich überzeugt, dass Lernen mit allen Sinnen nachhaltiges Lernen fördert. Ich besuchte die Primarschule in Diemerswil, in welcher die Kinder der ersten bis zur sechsten Klasse in einem Klassenzimmer gemeinsam Unterricht haben. Diese Unterrichtsform hat mich geprägt. Ein Kind, welches in einer Grossstadt aufwächst, wird eine ganz andere Vorstellung davon haben, woher die Milch kommt, als ein Kind, welches auf einem Bauernhof aufgewachsen ist. Das Zweite wird wissen, dass die Milch von einer Kuh kommt und diese gemolken werden muss, wie es riecht im Stall, dass die Milch direkt von der Kuh anders schmeckt als die Gekaufte, dass die Kuh muht usw.
Ich denke, ein umfangreiches Bild von unserer Umwelt ist hilfreich, um sich später besser zurecht zu finden in der Gesellschaft.
Fächerübergreifendes Lernen
Um diesen Leitgedanken besser zu verstehen, erzähle ich dazu ein beispielhaftes Erlebnis: Ich war mit meinem viereinhalbjährigen Nachbarsmädchen im Garten am Karotten ernten. Da bemerkte sie, dass die Karotte eine Wurzel besitzt, welche jeweils eine andere Länge als die Karotte selbst hat. Einige Wurzeln sind viel kürzer als die dazugehörige Karotte, einige viel länger. Sie mass die Länge der beiden mit ihrem Daumen ab. Dabei entdeckte sie eine ganz kleine Karotte, welche nur einen Daumen breit war, doch die Wurzel war zehn Daumen breit. Sie realisierte, die Wurzel ist zehn Mal länger als die Karotte. Sie hatte, ohne es zu bemerken, gewiss 30 Rechnungen gemacht. Da wir sicher 30 Karotten ernteten und sie daher 30-mal die Länge mass. Und sie hatte grosse Freude daran. Dies ist, was ich unter fächerübergreifendem Lernen verstehe. Das Schöne daran ist, fast alle schulischen Fächer können auch in der Natur erlebt und erlernt werden. (Sprache: Mit den Karotten den eigenen Namen schreiben, Musik: Den Ton wahrnehmen, welche die Karotte macht, wenn man sie isst, schält, aus dem Boden zieht etc. Oder einen Rhythmus machen, wenn ich die Karotten in einen Korb lege…)
Wahl
Selbstverständlich finde ich gut, dass die neun Schuljahre obligatorisch sind und es daher Pflicht ist, Lesen und Schreiben zu lernen. Doch wann ein Kind dies lernt, ist schlussendlich nicht relevant! Es fragt mich auch niemand, in welchem Alter ich laufen gelernt habe. Die Hauptsache ist, ich kann es heute. Kinder lernen schneller und können sich das Gelernte besser merken, wenn sie aus eigener Motivation und aus Freude daran lernen. Daher lasse ich den Kindern die Wahl, mit wem oder was sie sich an diesem Tag beschäftigen wollen. Ich gebe lediglich einen Rahmen vor: bspw. nur im Garten, nur im Wald usw.
Natur
Die Natur ist wahnsinnig vielfältig und bietet uns viele spannende, wunderhafte Eindrücke an. Hier auf dem Moos haben wir Bewohner*innen der Natur und den Tieren viel Raum gelassen, welcher Kindern und Erwachsenen viel bietet. Von mehreren Kleintieren wie Hühner, Hasen und Katzen zu den Grösseren, wie Schafe, Pferde und Kühe leben hier auch viele Vögel, Würmer und Schmetterlinge, welche alle viel zu erzählen haben. Es gibt etliche Gründe, warum die Spielgruppe draussen stattfindet. Ich nenne die drei aus meiner Sicht zentralsten:
Lernmotivation
Da die Kinder in einer vielfältigeren und motivierenden Umgebung lernen, ist der Lernerfolg draussen oft nachhaltiger als in einem (Schul-)raum. Denn die Erkenntnisse werden gleichzeitig auf mehreren Ebenen wahrgenommen (mit dem Verstand, den Sinnen und den Emotionen).
Gesundheit & Bewegung
Draussen zu sein, ist gesundheitsfördernd, denn dies stärkt das Immunsystem. Draussen bewegen sich Kinder oft mehr, dadurch werden ihre motorischen Fähigkeiten wie auch die Koordination gefördert. Dies kann Allergien, Sturzunfälle etc. vorbeugen.
Wohlbefinden & Selbstvertrauen
Wir Menschen sind heute einer Vielzahl von Reizen ausgesetzt und stehen häufig unter einem gewissen Druck oder Stress. Die Natur hingegen erwartet nichts, und ist einfach da. Dadurch wirkt sie auf uns beruhigend und ausgleichend. Wie auf Berndeutsch gesagt wird: «Sie bödelet».